This is an obvious choice for festivals that have an international outlook based on their size and structure, as is the case, according to Ulrich Schreiber, with the Internationale Literaturfestival Berlin. Capital cities attract people from all over the world, they are a magnet for migrants and so featuring authors from across the world is, for them, self-evident. An international approach mirrors their make-up. A major festival will turn literature into a social occasion and will increase the cultural capital of the metropolis. This was said to be particularly the case with the Passa Porta Festival in Brussels: this festival, moreover, guarantees a combination of national and European participants: Brussels culture sees itself as synonymous with European culture. Also interesting was the opinion of the Passa Porta representative, that in a small country like Belgium, a festival outside the capital would be unthinkable.
But successful festivals do take place in smaller cities, like Bremen. One suspects their popularity has to do with their closeness to the local population. The Internationale Literaturfestival Bremen depends, like many similar events, on the enormous personal dedication of a single person, in this case the university lecturer, Regina Dyck. It stands or falls on that commitment.
The ability of a small festival to turn itself year by year into a great one, by exploiting just its own, often insecure financial resources, is a frequent problem. How much security, how much heart, does a literature festival need? Some festivals, like the Solothurner Literturtage and the Rauriser Literaturtage have managed the transition and are now fixtures in the literary calendar – not least because for some years they’ve awarded prizes, which generate good publicity for them.
Smaller, and middle-sized festivals, often take place in small towns or in idyllic places in the countryside. Their special quality lies in their ties to their locality and in their stress on community development. Participating authors often stay for the whole festival. An essential requirement is that they exchange ideas about literature. In this regard, a very exciting project is the Lahti International Writer’s Reunion in Finland. Writers from many countries meet every two years to discuss a literary theme in idyllic lake country. The public is welcome to attend the accompanying readings, but the heart of the festival is the writers’ meeting, where they can talk and enjoy each other’s company in private.
It’s clear that the availability of adequate financial resources affects the shape of a festival. And money has the ultimate say in how the organisers of literary festivals define ‘Europe’. For instance, the overseas cultural institutes of Austria, Germany and Switzerland provide much of the finance for the Internationale Lyrikfestival Meridian Czernowitz in Ukraine. In Czernowitz, German literature means European literature. But the only available source of money that demands a pan-European mindset, is the European Commission’s support programme. That once again became clear to me during the discussions in Solothurn.
Translated by Max Easterman
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Am letzten Maiwochenende luden die 36.Solothurner Literaturtage und Pro Helvetia einige Literaturfestival-Macher zu einem Gedankenaustausch ein. Ich fand jene Gespräche besonders interessant, die den europäischen Literarturbetrieb beleuchten. Zunächst bemerkenswert ist, dass Literaturfestivals mehr und mehr ihre Einladungen nicht auf AutorInnen des eigenen Sprachraums beschränken, sondern den dezidierten Anspruch auf Internationalität haben.
Naheliegend sind große Festivals, deren internationales Konzept in Verbindung mit der Struktur und Größe ihrer Stadt stehen, wie es Ulrich Schreiber für das Internationale Literaturfestival Berlin formulierte. Metropolen ziehen Menschen außer aller Welt an, Metropolen sind Anziehungsorte für Migranten, daher ist die Präsentation von Autoren aus aller Welt in der Metropole naheliegend. Die Internationalität entspricht der Struktur der Metropole. Große Literaturfestivals zelebrieren Literatur als gesellschaftliches Ereignis und vermehren das kulturelle Kapital der Metropole. Besonders betont wird das Zelebrieren von Literatur vom Passa Porta Festival in Brüssel. Und: dieses Festival steht zudem für die Überlagerung nationaler und europäischer Repräsentation. Brüssel-Kultur hält sich ihrem Selbstverständnis nach für Europa-Kultur. Zusätzlich interessant– in dem kleinen Land Belgien ist ein Literaturfestival auf dem Land undenkbar, wie die Vertreterin von Passa Porta meinte.
Aber auch in kleineren Städten wie Bremen finden erfolgreich internationale Literaturfestivals statt. Zu vermuten ist, dass ihr großer Besucherzuspruch mit der Nähe des Festivals zu seinem Publikum zu tun hat. Das Internationale Literaturfestival Bremen wird wie viele ähnliche Veranstaltungen durch den enorm persönlichen Einsatz einzelner Protagonisten ermöglicht, in diesem Fall durch den der Universitätslehrerin Regina Dyck. Das Festival steht und fällt mit seiner Protagonistin.
Der Übergang vom kleinen durch Selbstausbeutung ermöglichten, Jahr für Jahr finanziell ungesicherten zum großen institutionalisierten Festival ist ein häufiges Problem. Wie viel Sicherheit und wie viel Seele brauchen Literaturveranstaltungen? Festivals wie die Solothurner Literaturtage oder die Rauriser Literaturtage haben diese Metamorphose geschafft und sind besondere Fixpunkte im Literaturkalender – nicht zuletzt, weil sie über Jahre hinweg Literaturpreise vergeben, welche die nötige publizistische Aufmerksamkeit für das Festival schaffen.
Die kleineren bis mittleren Literaturfestivals finden also oft in kleinen Städten beziehungsweise in landschaftlicher Idylle der Provinz der statt. Ihre besondere Qualität lliegt in der Bindung an die jeweilige Region und auch darin, dass sie auf Communitybildung Wert legen. Ihre Autoren bleiben oft die ganze Zeit des Festivals über vor Ort. Ein wesentlicher Anspruch ist der Austausch zwischen Autoren und die Diskussion von Literatur. Ein diesbezüglich besonders spannendes Projekt ist die Lahti International Writer’s Reunion in Finnland. Alle zwei Jahre treffen sich internationale Autoren, um über ein Literatur Thema in der Idylle einer Seenlandschaft zu diskutieren. Publikum ist bei den begleitenden Lesungen nicht unerwünscht, im Zentrum aber steht die Begegnung von Autoren, die frei von Öffentlichkeitsdruck miteinander sprechen und miteinander Spaß haben.
Klar ist, dass die Finanzierungsquellen die Gestaltung der Festivals wesentlich mitprägen. Und, letztlich bestimmt auch das Geld mit, was Literaturveranstalter als Europa definieren. Etwa finanzieren die Auslandskulturvertretungen von Österreich, Deutschland und der Schweiz das Internationale Lyrikfestival Meridian Czernowitz in der Ukraine wesentlich mit. In Czernowitz steht die deutschsprachige für die europäische Literatur. Die einzige Finanzierungsquelle, die auf ein gesamteuropäisches Denken besteht, ist das Förderungsprogramm der Europäischen Kommission. Das wurde mir einmal mehr während der Diskussionen in Solothurn klar.