I had to leave Germany to write the second novel – to escape both this story about myself as well as myself; I went to Israel where nobody knew me. I travelled a lot and drifted along more than actually doing anything. At Christmas, which I didn’t celebrate that year, I wrote most of the second novel that was hanging and floating over me like a great, dark cloud. I didn’t like it while I was writing it, and nor did I like it later on. It was set in Israel, at least partly.
Because I didn’t like the second novel, I didn’t write a third. Instead I wrote three books, which I only called books, one of them was even a political book. None of them caused me any particular trouble and I was always still myself. And they loved my story the same as before.
The next novel was perhaps in reality the second; I took years to write it, which wasn’t usual, and I was extremely scrupulous and careful to distance myself from myself while writing. I was careful to note whether the questions still absorbed me. Whether they were still directed at the girl who once, when she was eleven, came to Germany, without being able to speak a word of this language, and only writing novels. They said it was migrant literature and then they also said that we drew on the wealth of experience of migration and the treasure of a second language, and in this case they were right.
The novel, which I recently finished, is among other things about someone who fled to Germany before the civil war in Yugoslavia. I have never been in Yugoslavia. And I was never in any civil war. And I’m curious: is that still migrant literature? When I’m creating things that draw on a wealth of experience of a foreign migration, which occurred in my head, and a second language, which I don’t really speak? Simply because I myself am a migrant?
Translated by Suzanne Kirkbright
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Beim ersten Roman, den ich schrieb, liebten sie mich, ein bisschen für den Roman und ein bisschen für meine Geschichte: Ich war dreiundzwanzig. Ich war mit elf erst nach Deutschland gekommen, ohne ein Wort dieser Sprache zu können. Nun schrieb ich einen Roman über ein elfjähriges Mädchen, das nach Deutschland kommt, ohne ein Wort dieser Sprache zu können. Die Geschichte gefiel. Und die im Roman, das war selbstverständlich nicht meine.
Für den zweiten Roman musste ich zum Schreiben Deutschland verlassen, um dieser Geschichte über mich und auch mir selbst zu entkommen, ich ging nach Israel, wo mich niemand kannte, ich reiste viel und lebte mehr vor mich hin als dass ich etwas tat, und schrieb an Weihnachten, das ich in jenem Jahr nicht feierte, den Großteil des wie eine große, tiefe Wolke über mir hängende schwebenden zweiten Romans. Ich mochte ihn nicht, während ich daran schrieb und auch zu keinem späteren Zeitpunkt. Er spielte in Israel, zumindest zum Teil.
Weil ich den zweiten Roman nicht mochte, schrieb ich keinen dritten, dafür aber drei Bücher, die ich nur Bücher nannte, eines davon ein politisches sogar, keines davon machte mir besonders viel Mühe, und ich war immer noch ich. Und sie liebten nach wie vor meine Geschichte.
Der nächste Roman war möglicherweise in Wirklichkeit der zweite, ich schrieb Jahre daran, was untypisch war, und achtete penibelst darauf, mich beim Schreiben von mir selbst zu entfernen. Und achtete bei den Fragen darauf, ob sie mich weiterhin vereinnahmen. Ob sie weiterhin an das Mädchen gerichtet waren, das einst, mit elf Jahren, nach Deutschland gekommen war, ohne ein Wort dieser Sprache zu können, und nun Romane schrieb. Migrantenliteratur sagten sie, und dann sagten sie noch, dass wir uns aus dem Erfahrungsschatz der Migration und dem Schatz einer zweiten Sprache bereicherten, und in der Sache hatten sie Recht.
Der Roman, den ich vor kurzem beendete, handelt unter anderem von einer, die vor dem Bürgerkrieg in Jugoslawien nach Deutschland floh. Ich bin noch nie in Jugoslawien gewesen. Und auch noch in keinem Bürgerkrieg. Und bin gespannt: Ist das noch Migrantenliteratur? Wenn ich aus dem Erfahrungsschatz einer fremden, also in meinem Kopf entstandenen Migration schöpfe, und aus einer zweiten Sprache, die ich nicht wirklich spreche? Einfach, weil ich selbst Migrantin bin?