In ihrem kurz vor dem COVID19-Lockdown erschienenem Buch Die psychotische Gesellschaft diagnostiziert Ariadne von Schirach der westlichen Welt einen psychotischen Zustand, in dem Menschen „weder wissen, wer sie sind, noch was sie sollen und deshalb unfähig sind, mit sich und miteinander bewusst, wertschätzend und angemessen umzugehen“. Daher fänden sie auch auf die großen gegenwärtigen Herausforderungen wie Klimawandel, Artensterben und Umweltzerstörung nur unzureichende Antworten. Schirach stellt ihre Diagnose aber nicht ohne einen verbliebenen Optimismus und drängt auf eine poetische Revolution. Der Mensch kann demnach als kreatives Geschöpf Wege finden, auf eine neue Weise auf der Erde zu existieren und mit der Natur zusammenzuleben. Ihr Rat: „Wir fangen jetzt nicht noch einmal neu an. Das waren immer so Männergeschichten. Wir können auch keinen neuen Planeten suchen. Wir müssen das nehmen, was wir haben, und wir müssen es aufräumen.“ In ihrem Eröffnungsvortrag spricht Ariadne von Schirach über die poetische Revolution und spürt verschiedenen Vorstellungen von Wildnis nach. Bedeutet Wildnis etwa Unverfügbarkeit oder aber Brache oder gar Erfrischung? Robert Menasse, der bei seinen bereits Tradition gewordenen Eröffnungsabenden in der Minoritenkirche Krems wichtige Themen unserer Zeit aufgreift, diskutiert danach mit der Philosophin über das Thema der Europäischen Literaturtage 2020.
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Ariadne von Schirach, geb. 1978, ist eine deutsche Autorin und Philosophin. Sie unterrichtet Philosophie und chinesisches Denken an der Berliner Universität der Künste, der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg und der Donau-Universität Krems. Zuletzt erschienen: Die psychotische Gesellschaft. Wie wir Angst und Ohnmacht überwinden, 2019.
„‘Die psychotische Gesellschaft‘ von Ariadne von Schirach ist eine betörende kluge Analyse unserer ökonomisierten Gesellschaft und zugleich ein leidenschaftliches Plädoyer für einen anderen Umgang mit Natur, Menschen und Liebe.“
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Robert Menasse, geb. 1954, ist ein österreichischer Schriftsteller. 2019 wurde sein Werk mit der Carl-Zuckmayer-Medaille ausgezeichnet. Zuletzt erschienen: «Die Hauptstadt», 2017.
„Robert Menasse vermittelt in kritisch-ironischer Weise einen Blick auf politische und weltgeschichtliche Zusammenhänge. Er schafft dadurch nicht nur unterhaltsame Literatur, sondern regt auch zum Nachdenken an“. |